»Denn dieser sollte ihn verraten: einer der zwölf«, heißt es über Judas, den Mann, der als Verräter von Jesus Christus zu trauriger Berühmtheit gelangen sollte. Aber kennen wir die ganze Wahrheit? Vielleicht ließe sich die Geschichte auch anders erzählen, als Dienst eines Freundes nämlich, der Jesus half, seinen Plan in die Tat umzusetzen: zu sterben und damit unsterblich zu werden. Zwei Freunde und ein Deal – und die angenommene Bestechungsgabe, dreißig Silberlinge.
In Lot Vekemans Monologstück schildert Judas die Ereignisse aus seiner Sicht. Er ist ein Selbstdarsteller, ein moderner Performer, der uns überzeugen möchte. Musste er nicht den Messias verraten, um Gottes Heilsplan durchzusetzen? Denn konnte nicht erst der Opfertod Jesu die Menschheit erlösen? War alles Vorbestimmung oder doch freier Wille oder gar eine Verkettung unglücklicher Zufälle? Lot Vekemans ist eine der wichtigsten Stimmen der niederländischen Gegenwartsdramatik. Ihre Stücke werden auch in Deutschland mit großem Erfolg gespielt.
»Dieser Judas mit dem kahlen Schädel und dem faltenzerfurchten Gesicht ist ein müder Glaubenskrieger, ein erschöpfter Fanatiker, den die Enttäuschung mürbe gemacht hat, der nur noch sein bisschen Selbstachtung retten will. Dafür braucht er das Vertrauen seiner Zuhörer, darum kämpft er mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen. Ob man am Ende seiner Version glaubt, bleibt offen, aber die Ehrlichkeit seines Kampfes um Verständnis, die haben alle gesehen. Und das lag natürlich an diesem wirklich außergewöhnlichen Schauspieler.«
(Die Rheinpfalz, 13.10.2018)
»„Judas“ ist eine in ihre konzeptionellen Klarheit und Ästhetik überaus gelungene Inszenierung, mit welcher der querschnittsgelähmte Schauspieler Samuel Koch zugleich einen eindrucksvollen Einstand als Ensemblemitglied des Nationaltheaters gibt. Sein Spiel ist reich an Nuancen und Zwischentönen und sein Judas einer, der im Glauben so stark erscheint wie im Zweifeln.«
(Mannheimer Morgen, 13.10.2018)
»Der verfemte Protagonist in Vekemans’ flammend hellsichtigem Stücktext bietet uns nicht ein Gesicht, nicht eine Stimme, nicht eine Wahrheit, sondern viele Arten, seine Geschichte und Beweggründe zu lesen. Sinnbildlich hat Regisseur Philipp Rosendahl seinem Darsteller eine Phalanx schwebender Köpfe zur Seite gestellt […] auf die allenthalben Kochs Gesicht projiziert wird.«
(Mannheimer Morgen, 13.10.2018)
»Samuel Koch, mit kahl rasiertem Schädel, gibt dem Schreckens- und Leidensmann Gesicht und vor allem Stimme. Mehr kann er in seiner fixierten Position nicht tun – mal leise zu sich selbst sprechend, seine Gedanken ordnend, mal wie ein Erzähler, mal aggressiv und suggestiv wie ein Agitator seinen Zuhörern zugewandt. […] Eine großartige, beeindruckende Leistung von Samuel Koch und seinem Regisseur Philipp Rosendahl, die Bühne, wirkungsvoll stilisiert von Marina Schutte.«
(Rhein-Neckar-Zeitung, 13.10.2018)
»Samuel Koch hat den brillanten Text von Lot Vekemans durchdrungen. Er nimmt den Glauben unter die Lupe, der angeblich Berge versetzt und Menschen zum Handeln treibt. Zehn Köpfe, bespielt mit Videoprojektionen, umkreisen ihn, löchern ihn mit Fragen. Sie alle zeigen Samuel Koch und sind seine inneren Stimmen. […] Samuel Koch nimmt man jedes Wort ab«
(SWR2, 11.10.2018)
von Lot Vekemans
Eine Inszenierung von Philipp Rosendahl
Premiere 11. Oktober 2018 am Nationaltheater Mannheim
Fotos: Christian Kleiner