von Rainer Werner Fassbinder
Eine Inszenierung von Leonie Thies
Premiere: 28. November 2019 Nationaltheater Mannheim
Fotos: Christian Kleiner/ Lena Andres
Annemarie Brüntjen / Robin Krakowski
Sein schonungsloser und doch sensibler Blick auf das bürgerliche Leben prägte das Theater wie auch den Neuen Deutschen Film: Rainer Werner Fassbinder erklärte in seinen Stücken und rund 40 Kino- und Fernsehfilmen das Private zum Politischen.
Seine Figuren, die leidend und hoffend die frühe Bundesrepublik bevölkern, finden sich in erstarrten Systemen wieder und erfahren zwischenmenschliche Beziehungen meist als Machtgefälle.
Zwei junge Regisseurinnen nehmen sich zwei seiner Filme zur Neubetrachtung vor.
In »Warum läuft Herr R. Amok?« zeigt Leonie Thies die Entfremdung des Individuums in einer Gesellschaft, die keinen Raum lässt für Eigenheiten: Herrn R.s durchschnittlicher bürgerlicher Alltag mit Haus, Frau, Job und Auto geht seinen geregelten Gang. Doch der Druck, in der Gesellschaft zu bestehen, manifestiert sich in den permanenten Forderungen und Erwartungen seiner Mitmenschen – am Ende steht der titelgebende Amoklauf als einziges Mittel, um sich Gehör zu verschaffen.
»Thies kennt ihre Mittel, kennt den Raum, ihre Schauspieler und inszeniert entschlossen. Mit greller Komik und großem Tempo spült sie ihr Publikum im Turbogang durch einen Alltag, aus dem zu keinem Zeitpunkt ein Entkommen möglich war. Herrn R. dabei zuzuschauen, wie ihm genau das dämmert, ist ein bitteres Vergnügen. So genügt es, wenn er am Ende eine rosa Kaffeekanne aus dem Regal nimmt und diese stumm gegen Frau, Kind und Nachbarin erhebt. Damit ist alles gesagt.«
(Süddeutsche, 02.12.2019)
»Mit einem Herrn R. fühlt […] jeder mit, vor allem, wenn er so hervorragend teilnahmslos schaut wie Arash Nayebbandi, der R. spielt.«
(Süddeutsche, 02.12.2019)
»Thies streicht das Leben der Familie R. rosa und minzgrün, staffiert die Figuren mit Pullundern und gestrickten Rollkragen aus, die ihnen den Atem zu nehmen scheinen (Kostüm: Tamara Priwitzer). Die Nebenrollen drehen schrill und immer schriller auf (tolles Duo: Annemarie Brüntjen und Robin Krakowski).«
(Süddeutsche, 02.12.2019)
»Dass Raab, grandios unterdrückt gespielt von Arash Nayebbandi, am Ende zum Mörder wird, scheint nur logisch zu sein.«
(SWR2, 29.11.2019)
»Das alles ist loriothaft lustig. Vor allem, weil die Familie R., Oma und Opa und die Kollegen platinblonde Heino-Perücken und lätzchengroße Rollkragen tragen. Doch ist es zugleich beklemmend, die Luft, die man zum Lachen braucht, bleibt im nächsten Moment im Halse stecken.«
(SWR2, 29.11.2019)
»[…] Kurt Raab (Arash Nayebbandi), ein freundlich sympathischer Zeitgenosse, dem es in Stress-Situationen rasch vor den Augen flimmert (eine Glanzleistung der Abteilung Beleuchtung im Werkhaus), fühlt sich zwar beruflich zurückgesetzt, der Sohn hat Probleme in der Schule – aber das alles sind keine zwingenden Gründe, drei Menschen zu töten und dann Selbstmord zu begehen.«
(Mannheimer Morgen, 30.11.2019)
»[…] anstatt uns dorthin zu führen, wo sich Gefühle einer vernunftbezogenen Deutung widersetzen, erheitert uns die Regisseurin Leonie Thies mit Gartenzwergen und einer Regalwand, in deren Fächer sich die Körper der Darsteller grotesk verrenkt einzwängen müssen. Aus dem Füllhorn ihrer nie versiegenden Einfälle zaubert Leonie Thies unaufhörlich ein absurdes [...] Figurenpersonal (Tala Al-Deen, Annemarie Brüntjen, Robin Krakowski) [...].«
(Mannheimer Morgen, 30.11.2019)
»Leonie Thies (Jahrgang 1989) macht aus „Warum läuft Herr R. Amok?“ eine absurde Komödie. Die durchgängig improvisierten, hölzern wirkenden Dialoge des Films und die dokumentarisch anmutenden Szenen werden gleichzeitig kunstvoll überhöht und ins Komische gekippt. Statt in der spießigen Kleinbürgerwelt eines kleinen Angestellten befinden wir uns in einer überdrehten Loriot-Kulisse, betrachten eine durchgeknallte Klimbim-Familie. Jeder Satz ist wie eine Hammerpointe ans Publikum gerichtet, und die schmerzende Banalität des Gesagten manifestiert sich in slapstickhaften Ticks.« (Rheinpfalz, 30.11.2019)
»Arash Nayebbandi spielt den von Familie, Nachbarn und Kollegen permanent gedemütigten R. als sensibles Nervenbündel, als ängstlichen Überangepassten, der es allen recht machen will und mit verzweifelter Argumentation um ein bisschen Eigenleben ringt. Tala Al-Deen als seine Ehefrau sowie Annemarie Brüntjen und Robin Krakowksi in den übrigen bald zwei Dutzend Rollen treiben ihn in grotesker Gnadenlosigkeit in die unvermeidliche Gewalttat.«
(Rheinpfalz, 30.11.2019)
»[…] Kostümbildnerin Tamara Prisitzer hat alle mit herrlich blonden Perücken und zwergenhaften Rollkragen und Pullundern in pastelligen Farben ausgestattet. Jede Menge Gartenzwerge beherbergen auch die beweglichen Bühnenmöbel von Marina Schutte. Die bilden hier eine riesige Regalwand, in deren enge Fächer sich immer wieder die vier Darsteller quetschen und ihre Körper verbiegen wie ihre längst zusammengestauchten Egos.«
(Rheinpfalz, 30.11.2019)
»Es geht durchweg zum Totlachen lustig zu in dieser bonbonbunten Comedy. [...] Neben Nayebbandi tragen aucch Tala Al-Deen (Frau R.), Annemarie Brüntjen und Robin Krakowski mit ungebremster Spielfreude zum hohen Unterhaltungswert der Aufführung bei.«
(Rhein-Neckar-Zeitung, 03.12.2019)